Stefanie Vogelsang: Wir brauchen neue Gesetze, um uns vor Hasspredigern und Extremisten schützen zu können

Grundgesetz achten - demokratiefeindliche Organisationen verhindern

Aus leidvoller Geschichte haben die politischen Gründerväter und -mütter der Bundesrepublik gelernt und ein Grundgesetz geschaffen, das die Staatsgewalt auf das Nötige beschränkt und den Bürgerinnen und Bürgern die größtmögliche Freiheit in ihrer persönlichen Entfaltung einräumt. Dazu gehören nicht zuletzt die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit.

Allerdings betont das Grundgesetz an mehreren Stellen, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung den Rahmen setzt – auch das ein Ergebnis des leidvollen Lernprozesses. Es ist aber nicht leicht, eine Organisation, sei es eine Partei, eine Sekte oder eine Religionsgemeinschaft, zu verbieten, selbst wenn sie diese Grundordnung nicht anerkennt oder sogar verbal bekämpft. Um auch nur den geringsten Anschein eventueller politischer Willkür zu vermeiden, liegt die Messlatte für den Verfassungsschutz, der über die Zulässigkeit eines Verbotes solcher Organisationen befindet, sehr hoch. Völlig zu recht.

Aber: Es gibt eine Ebene unterhalb des Verbotes verfassungswidriger Organisationen. Wenn nämlich Sekten, Parteien und Religionsgemeinschaften, die zwar nicht gegen Gesetze verstoßen, deren Veröffentlichungen aber beredtes Zeugnis ihrer Gesinnung ablegen, beginnen, den öffentlichen Raum einzunehmen, zu missionieren und ihre undemokratischen Ideologien in die Köpfe der Bürger, zumal der anfälligsten, der verunsicherten und der jüngsten hineinzupredigen. Dann sind wir auf der Ebene, wo es um den Schutz der Bürger und unserer Demokratie geht.

Für diese Ebene fehlt ein gesetzliches Instrument. Die Kommunen sind im Dilemma. Da werden in den Bauämtern Anträge von obskuren Gruppierungen eingereicht, die sich gar nicht einmal viel Mühe machen zu vertuschen, was sie in ihren Räumen predigen wollen, um Gotteskrieger für den Dschihad oder nationalstolze Kameraden für die Errichtung des 4. Reiches zu gewinnen. Die Kommunen dürfen diese Anträge aber nur nach Bau- und Planungsrecht bewerten. Versuche, im Rahmen des Baurechtes solche Ansiedlungen zu verhindern, scheitern regelmäßig vor Gericht.

Jetzt muss der Gesetzgeber endlich aktiv werden, um die Ausbreitung von nachweisbar demokratiefeindlichen Organisationen zu verhindern. Dem Verfassungsschutz der Länder könnte ein zweistufiges Verfahren an die Hand gegeben werden, das unterscheidet zwischen Verbot und Beschränkung der Ausübung der Partei-, Vereins-, Religionsgemeinschaftstätigkeiten, damit das freiheitlich-demokratische Fundament unseres Staates nicht ausgehöhlt wird.